Sonntag, 13. April 2014

(Robert Florey) The Life and Death of 9413 (1937) - April 2014



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Filmtechnisch interessant. Hochhäuser und Städte werden durch so eine Art Folie gefilmt; habe ich oft gesehen bei Filmen aus den 20ern und 30ern; so eine eher abstrakte Version der Metropolit-Kulissen, manchmal nicht so ganz ausgereift (ein bisschen viel Rumgewackle mit der Kamera, manche technischen Umsetzungen sind schwach).
Die Handlung wird umständlich eingeleitet (Brief) und kommentiert - in den Montagesequenzen, der Film wäre besser ohne diese Zwischentitel, da hat er wohl der Darstellungskraft seiner Shots nicht so recht getraut -, die aber gut ausgesucht sind, so z.B. in dieser Sisiphos-Szene oder in den Casting-Szenen. Star wird, wer sich hinter einer Maske verstecken kann, zum Schluss auf eine Art Smiley reduziert, wechselnde Masken und Vergleich der Masken (tolle Idee), die Masken im Lauf des Lebens (auch top!) - hat Cindy Sherman sicher auch gekannt - OK.
Hat übriges 94 Dollar in der Produktion gekostet.

Samstag, 12. April 2014

(James Sibley Watson), Lot in Sodom , 1933 - April 2014


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Die Geschichte von Sodom, Gomorrha, Lot und seiner Frau. Entspricht ungefähr der biblischen Version, ist aber ein Experimentalfilm mit interessanten Gestaltungsideen wie Doppelbelichtungen, Symmetrie-Verdoppelungen, Spiegelungen, Geisterbildern usw. Der Film ist quasi vollständig mit Chiaroscuro-Effekt ausgestattet, wie auch immer, die Beleuchtung ist top gestaltet. Der Film  enthält viele ballet-ähnliche Szenen, auch viele Montagen, das sündhafte Leben wird am Thema Homosexualität verdeutlicht, wirkt ein bisschen so wie eine Theaterinszenierung einer griechischen Tragödie. Die Maske ist manchmal etwas schwach, die alten Stadtbewohner sehen teilweise wie "Film-Juden" mit Hakennasen und Schlafzimmerblick aus, Kulissen sind meist OK außer am Schluss (insgesamt ein wenig expressionistisch, manchmal zu pappig),  Die Filmmusik passt gut (Louis Siegel  - kenn ich nicht), manchmal Fee-Jazz-mäßig. 

(Ernö Metzner) Polizeibericht Überfall, 1928 - 2014 April



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Ein seltsamer Film, aber als zeitgenössische Studie sehr interessant. Gut erzählt, die Geschichte, ist ja ein Stummfilm, da gibt es besondere Anforderungen.
Einmal geht es thematisch um so eine Art Running Gag (ein Geldstück wechselt seinen Besitzer mehrfach, aber es löst auch die ganze Geschichte au und ist "der Hauptschuldige)), andererseits geht es um Angst und um Zusammenhanglosigkeit. Die Szenen wirken immer so, als ob gleich irgend etwas passiert und das Gefühl von Angst steigert sich. Nirgendwo ist der Protagonist sicher (wurde 1929 verboten, der  Film  sei „brutalisierend und demoralisierend“). Zum Schluss eine Reihe von Filmtricks, oft mit Zerrspiegeln - einen Alptraum mit seltsamen Chimären symbolisierend - auch gut gemacht. Strange aussehender Hauptdarsteller.
Man sieht Metzners Interesse an interessanten Naheinstellungen und wechselnden Schnittfolgen (erinnert ein bisschen an die Einstellungen bei Kuhle Wampe). Wenig Schwächen wie z.B. die Prügelei auf dem Fußboden.

Freitag, 11. April 2014

(Hans Richter) Vormittagsspuk - 2014 Mai


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Richter bietet so alles auf, was die damalige Trickkiste hergab: Doppelbelichtungen, Geisterbilder, Stoptrick, Negativ, rückwärts laufende Szenen, verschwindende Personen, Zeitlupe, Zeitraffer usw., teilweise sehr gekonnt und witzig (wie z.B. die Szene mit der Fliege).
Dinge werden zu Arrangements zusammengesetzt, sie bewegen sich von selbst, wiederholen die Bewegung, die Menschen auch, verändern sich bei der Wiederholung, legen sich zu seltsamen Formen zusammen, manche Szenen erinnern von der schauspielerischen Qualität auch an Pennälerstreiche, insgesamt kontrastieren die Szenen mit den Dingen wie den Hüten mit den Menschen, denen sie nicht gehorchen. So fliegen die Hüter immer umher, aber keiner kann sie fangen. Sie setzen sich von selbst auf die Köpfe. Unlogisch? Nein, vielleicht ist das die wahre Logik der Dinge, genau die wie Dadaisten das postulierten.
Richter schreibt dazu: „Ohne es eigentlich zu wollen, wurde der Film [Vormittagsspuk ] ein echtes dadaistisches Dokument. Er zeigte Rebellion der Objekte, der Hüte, Tassen, Krawatten, Schläuche etc. gegen den Menschen. Schließlich stellte sich dann die alte Rangordnung des Menschen-Herrn über die Objekt-Sklaven wieder her. Aber für diese kurze Zeit mag doch ein Zweifel an der Allgemeingültigkeit der gewöhnlichen Subjekt-Objekt -Ordnung im Publikum eingetreten sein."

Mittwoch, 9. April 2014

(Christian Paetzold) Barbara - 2014 April



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Bietet auf jeden Fall einen nachvollziehbaren Einblick in diese perfide Art der Kontrolle, mit der die DDR jeden überzog; die Schauspieler wirken gut platziert (allerdings: André kommt mir irgendwie zu schön vor); alle Achtung vor denjenigen, die das mit innerer Distanz oder mit ihrem täglichen Leben ausgehalten haben.
Der Erzählstrang ist eigentlich einfach, wird aber immer gebrochen durch die Ungewissheit, wer nun eigentlich den Fortgang der Handlung bestimmt: die Protagonistin, die Spitzel, die Lebensumstände oder die Stasi, so als ob man sich irgendwie im Nebel bewegt, dies aus der Sicht unterschiedlicher Personen in unterschiedlichen Lebenslagen - das wird gut vermittelt und ist nachvollziehbar.
Die Beleuchtung wirkt teilweise künstlich; die Aufnahmen wirken teilweise gestellt, sehr "gezeigt", fast wie Porträts. Der Hintergrund der Figuren ist manchmal kompliziert entworfen, geht nur über dialogische Rückblenden. Viele ähnliche Szenen (der Regisseur hat auch eine Vorliebe für Gespräche im Auto, auf dem Fahrrad - soll wahrscheinlich dynamisch wirken); häufig ähnliche Einstellungen (an Kulissen gespart) aber auch schöne, lange Shots, manchmal symbolbeladen (stürmische Landschaft, Abreise im Morgengrauen usw.). Sehenswert.

(Làslò Moholy Nagy) Film - 2014 März



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Auch so eine Art kubistisch-abstrakter Film. Sich bewegende und sich überschneidende, mechanisch aussehende Formen, Doppelbelichtungen - das alles ergibt seltsame Muster. Aber man sieht schon, woher das kommt: Diagonalen, Spiel mit Licht und Schatten, das, was wir aus seinen Fotografien kennen, so eine Art Verfilmung serieller Musik.

(Jean Renoir) Partie de Campagne - 2014 April






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Man hat das Gefühl, als hätte irgendein impressionistischer Maler seine Palette beiseite gelegt und zur Filmkamera gegriffen; alles aus der guten alte  Zeit. Einzelne Shots erinnern ungemein an impressionistische Bilder, man denkt, der Film spielt in La Grenouillere , die ganze Atmosphäre ist auch so. Da geht es um eine Landpartie, wie wir das von den Impressionisten kennen: Frauen in hellen Kleidern auf Wiesen, im Wald, auf Schaukeln und in Booten; Männer mit Anzügen oder Ringelhemden, fahren rum, essen, angeln; großes Geflirtet und Geknutscht mit Ringelpietz. Soll nicht richtig fertig gemacht worden sein, habe ich gelesen (1938).  Ziemlich schmalzige Musik, von den Schauspielern wird nichts Großartiges gefordert. Aber: Wer impressionistische Filmatmosphäre haben will, der sollte den Film sehen (ca. 40 min).